Erfahrungsberichte

Hier erzählen Menschen von ähnlichen Erfahrungen wie sie Jasmin gemacht hat. Ob jung oder alt, ob großer Einschnitt oder leise Veränderung: Jede Geschichte zählt. Lies mit – oder schreib deine eigene.

Hallo, ich bin Nicole, 38 Jahre alt, Ergotherapeuten, Mutter von 2 Kindern und reite seit meiner Kindheit.
Ich kenne Jasmin seit über 20 Jahren, bin ihr Patenkind und für mich ist sie wie eine zweite Mutter.

Als ich morgens von dem Unfall am Telefon gehört habe, war ich wie erstarrt, konnte es kaum glauben und fuhr direkt nach Hamburg.
Obwohl ich seit über 16 Jahren als Ergotherapeuten in der Neurologie arbeite, war der Anblick, Jasmin dort so zu sehen, schwer zu ertragen.
Jasmin war nicht ansprechbar, öffnete nur kurzzeitig die Augen und die Aussagen von den Ärzten waren auch nicht sehr positiv. Auf Fragen antwortete sie kaum, bzw. nicht immer adäquat. Zudem konnte sie die linke Seite nicht richtig ansteuern und mir war sofort klar, das es ein sehr langer Weg werden würden.
Es war nicht zu begreifen, wie eine so selbständige und paffe Frau plötzlich so Hilflos sein konnte. Ich fuhr jedes mal unter Tränen nach Hause zurück.
Mehrmals besuchte ich Jasmin im Krankenhaus und Jasmin wurde immer wacher, jedoch wurde das Ausmaß der Schädigung dadurch auch deutlicher. Sie fragte immer die selbe Fragen, die einfachsten Dinge im Leben, wie selbständig waschen und anziehen, auf die Toilette gehen, sitzen an der Bettkante, das Handy bedienen oder gar sich in irgendeiner Weise selbständig fort zzu bewegen, waren nicht möglich.

Die linke Körperseite hatte Sensibilitätseinschränkungen und konnten von der Motorik nicht zielgerichtet angesteuert werden.
In der ersten Zeit zeigte Jasmin keinerlei Krankheitseinsicht und der Umgang gestaltete sich nicht einfach. Ihr größter Wunsch war es einfach nur Hause zu fahren, sie dachte sogar sie könne Auto fahren, obwohl sie nicht mal sitzen konnte.

Reha: Es stellte sich schnell heraus das sie eine leichte Hemiparese links hatte, zudem eine linksseitige Ataxie und Kurzzeitgedächtnisstörungen.
Jasmin musste lernen, alle Dinge des täglichen Lebens (z.B. waschen und anziehen) mit ihren vorhandenen Defiziten wieder zu erlernen.
Das Umfassende Ziel der Ergotherapie ist die Verbesserung der Lebensqualität: ein selbständiges Leben führen, den Beruf ausüben sowie die Freizeit mit Familie und Freunden zu gestalten.

Als Jasmin mir erzählte sie will sich aus der Reha auf eigenen Wunsch entlassen, habe ich sie für verrückt erklärt.
Aber es war beeindruckend mit anzusehen, wie sie sich Schritt für Schritt zurück in ihr eigenständiges Leben zurück gekämpft hat.
Das der Weg jemals wieder zurück aufs Pferd gehen würde, hätte ich damals nie gedacht.
Umso bemerkenswerter finde ich, was doch Familie, Freunde, Therapien und eigene Willenskraft bewirken können.
Und der neue Weg ist noch lange nicht zu Ende….